Inklusive Materialien für den Technikunterricht

Veröffentlicht am 23. Oktober 2023, NRW, Essen

Leider gibt es kaum bis keine Materialien für den inklusiven Technikunterricht. Der inklusive Technikunterricht soll alle Schüler:innen mitnehmen und dabei der Vielfalt an Fähigkeiten und Bedürfnissen entsprechen. Die Auswahl und Entwicklung geeigneter Materialien spielt eine zentrale Rolle, um eine möglichst barrierefreie und inklusive Lernumgebung zu schaffen. Dieser Abschnitt hebt die Bedeutung von geeigneten Materialien für den inklusiven Technikunterricht hervor und betont die Notwendigkeit, eine Vielfalt an praxisnahen Bildungsressourcen bereitzustellen. Durch die didaktische und methodische Aufarbeitung sollen die individuellen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bedürfnisse alle Schüler:innen berücksichtigt und gefördert werden.

Dazu werden im Folgenden Beispiele für Materialien und Ansätze zur Differenzierung vorgestellt, um den inklusiven Bildungsansatz zu stärken und Schüler:innen die Möglichkeit zu geben, ihr technisches Verständnis sowie Kompetenzen zu entwickeln und zu entfalten.

Inklusiver Technikunterricht – Zahnräder, Hilfsmittel & Bewertung

Zahnräder und Getriebe – Inklusive Unterrichtseinheit für den Technikunterricht

Veröffentlicht am: 23. Oktober 2023 | Fach: Technik | Schulform: Gesamtschule | Jahrgangsstufe: 6-8 | Zeitumfang: 4-6 Unterrichtsstunden

Diese Unterrichtseinheit zum Thema „Zahnräder und Getriebe“ wurde speziell für den inklusiven Technikunterricht entwickelt und ist an den Kernlehrplan Technik für Gesamtschulen in NRW angepasst. Sie bietet differenzierte Materialien und Methoden, um allen Schüler:innen einen Zugang zu technischen Inhalten zu ermöglichen.

1. Bezug zum Kernlehrplan Technik NRW

Die Einheit adressiert insbesondere die folgenden Kompetenzerwartungen aus dem Kernlehrplan Technik für die Gesamtschule:

Prozessbezogene Kompetenzen:

  • Erkenntnisgewinnung: Technische Phänomene beobachten und beschreiben (UF1), Experimente unter Anleitung durchführen und auswerten (E2).
  • Kommunikation: Fachbegriffe anwenden, Arbeitsergebnisse protokollieren und präsentieren (K1, K2).
  • Bewertung: Die Funktionstüchtigkeit eines technischen Systems beurteilen (B3).

Inhaltsbezogene Kompetenzen (Schwerpunkt: Technische Systeme):

  • Die Schülerinnen und Schüler (SuS) beschreiben Aufbau und Wirkweise von einfachen Maschinen und technischen Systemen.
  • Sie analysieren und konstruieren einfache Antriebssysteme (u.a. Zahnradgetriebe).

2. Übergeordnete Zielsetzung der Einheit (Kompetenzen)

Die SuS können…

  • … die grundlegende Funktionsweise und die Bauteile eines Zahnradgetriebes erklären.
  • … den Einfluss der Zahnradgröße auf Drehgeschwindigkeit und Drehrichtung vorhersagen und experimentell überprüfen.
  • … technische Prinzipien (Übersetzung, Drehmoment) an Alltagsbeispielen erkennen und beschreiben.
  • … in kooperativen Lernsettings arbeiten und ihre Erkenntnisse adressatengerecht dokumentieren und präsentieren.

3. Didaktisch-methodische Hinweise zur Inklusion und Differenzierung

Die Einheit basiert auf dem Universal Design for Learning (UDL)-Prinzip und bietet multiple Zugänge, Darstellungsweisen und Handlungsmöglichkeiten.

  • Vielfältige Materialien: Einsatz von haptischen Modellen (Holzzahnräder, Knete), digitalen Simulationen und vereinfachten Textmaterialien.
  • Differenzierte Aufgabenstellungen: Vom rein beschreibenden Beobachten bis zur hypothesengeleiteten Experimentierung.
  • Kooperative Lernformen: Arbeit in Tandems/Gruppen mit klar verteilten Rollen (z.B. „Bauleiter“, „Protokollant“, „Präsentator“).
  • Sprachsensibler Unterricht: Visualisierung von Fachbegriffen, Satzbausteine für die Dokumentation, Einsatz von Audio-Aufnahmen für Protokolle.
Zahnräder auf Kork

Abbildung 1: Zahnräder in verschiedenen Größen – geeignet für inklusiven Unterricht

4. Geplanter Unterrichtsverlauf

Stunde 1: Einführung – Zahnräder im Alltag entdecken

Einstieg: Lehrkraft zeigt Bilder/Videos von Alltagsgegenständen (Fahrrad, Uhr, Küchenmaschine, Aufzug) und stellt die Impulsfrage: „Was treibt diese Dinge eigentlich an? Was haben sie gemeinsam?“

Erarbeitung I: Think-Pair-Share: SuS sammeln erste Ideen. Im Plenum wird der Begriff Zahnrad erarbeitet und an der Tafel visualisiert.

Erarbeitung II: Lerntheke / Gruppenpuzzle mit mitgebrachten Gegenständen (alte Uhren, Spielzeuggetriebe, Fahrradnabe). Die SuS untersuchen, zeichnen und beschreiben die Zahnräder.

Sicherung: Gemeinsam wird ein Cluster mit ersten Fachbegriffen (Zahnrad, Antrieb, Drehung, greifen) und Beispielen erstellt.

Differenzierung: Für sprachlich oder kognitiv stärkere SuS: Zusatzauftrag „Finde ein weiteres, ungewöhnliches Beispiel für Zahnräder.“

Stunde 2 & 3: Experimentierphase – Das Zahnradgetriebe

Sicherheitshinweis: Explizite Einweisung und Beaufsichtigung im Umgang mit den Nägeln und Werkzeugen.

Einstieg: Die Lehrkraft zeigt ein einfaches Zwei-Zahnrad-Modell und stellt die Forschungsfragen:

  1. „Was passiert mit der Drehrichtung?“
  2. „Was passiert mit der Geschwindigkeit, wenn ein großes Rad ein kleines Rad antreibt (und umgekehrt)?“

Erarbeitung I: Aufbau des Experiments. Jede Gruppe erhält ein Set mit Holzzahnrädern, Nägeln und einer Kork- oder Styroporplatte als Montagegrundlage.

Erarbeitung II: Die SuS experimentieren in Tandems mit verschiedenen Zahnradkombinationen. Sie testen die Forschungsfragen und dokumentieren ihre Beobachtungen.

Differenzierte Dokumentationshilfen (Wahl):

  • Basis: Vorlage mit Bildern der Zahnrad-Kombinationen, die nur angekreuzt oder mit „schnell/langsam“ und Pfeilen für die Richtung beschriftet werden müssen.
  • Erweitert: Lückentext-Protokoll mit vorgegebenen Fachbegriffen (z.B. „antreibendes Rad“, „angetriebenes Rad“, „Drehrichtung“, „Drehgeschwindigkeit“).
  • Experte: Freies Protokoll mit der Aufforderung, eine erste Regel zu formulieren.

Stunde 4: Vertiefung und Konzeptbildung

Einstieg: Kurze Wiederholung der Experimentierergebnisse anhand der Schülerprotokolle.

Erarbeitung: Die Lehrkraft führt die zentralen Fachbegriffe ein und visualisiert sie am Modell:

  • Übersetzung (Verhältnis der Zähnezahlen)
  • Drehmoment (Kraft zum Drehen)
  • Abtrieb / Antrieb

Anwendung: Die SuS übertragen die Konzepte auf ein neues Beispiel (z.B. ein Bild eines einfachen Getriebes mit drei Zahnrädern). Aufgabe: „Beschreibe Drehrichtung und Geschwindigkeit an Punkt A, B und C.“

Differenzierung: Für schnelle SuS: Konstruktionsauftrag „Baue ein Getriebe, bei sich das letzte Rad sehr schnell dreht.“

Stunde 5 (optional): Projekt – Die Zahnrad-Maschine

Aufgabe: In Gruppen bauen die SuS eine „Zahnrad-Maschine“, die eine bestimmte Aufgabe erfüllt (z.B. „eine Fahne hissen“, „eine kleine Last heben“). Sie müssen mindestens drei Zahnräder verbauen und die Funktionsweise erklären.

Förderung der sozial-emotionalen Entwicklung: Klare Rollenverteilung, Bewertung der Teamarbeit im Prozess.

Stunde 6: Sicherung und Reflexion

Die Gruppen präsentieren ihre „Zahnrad-Maschinen“ oder ihre Lösungen aus Stunde 4.

Lerntempoduett: SuS tauschen sich über die gelernten Prinzipien aus.

Abschlussreflexion: „Wo begegnen dir Zahnräder jetzt im Alltag? Warum ist dieses Wissen wichtig?“

5. Konkrete Verknüpfung mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten

Förderschwerpunkt Konkrete Maßnahmen in dieser Einheit
Lernen (LE)
  • Stark reduzierte und visualisierte Arbeitsaufträge.
  • Haptisches Erfahren steht im Vordergrund („begreifen“).
  • Dokumentation durch Abzeichnen der Zahnräder und Kennzeichnen der Drehrichtung.
  • Verwendung von Piktogrammen und eindeutigen Symbolen.
Sprache (SQ)
  • Gezieltes Vokabular-Training mit Bild-Wort-Karten („Zahnrad“, „greifen“, „drehen“).
  • Satzbausteine für die Protokollierung („Wenn das große Rad antreibt, dann…“).
  • Ermutigung zu mündlicher Beschreibung in der Kleingruppe.
  • Möglichkeit, Beobachtungen als Audio-Aufnahme festzuhalten.
Emotionale und soziale Entwicklung (ESE)
  • Klare, strukturierte und vorhersehbare Abläufe.
  • Arbeit in festen, kleinteiligen Tandems mit positiver Interdependenz (gemeinsames Gelingen).
  • Erfolgserlebnisse durch das haptische Produkt (selbst gebautes Getriebe).
  • Klare Regeln für die Zusammenarbeit und Materialnutzung.
Geistige Entwicklung (GG)
  • Fokus auf eine einzige, grundlegende Beziehung (Ursache: ich drehe hier – Wirkung: da dreht es sich andersherum).
  • Nutzen von extrem vergrößerten, gut greifbaren Modellen (ggf. aus 3D-Drucker oder Knete).
  • Einfache, wiederholende Handlungsabläufe.

6. Material- und Medienliste

  • Haptisches Material: Verschiedene große Holzzahnräder, Nägel, Hammerschlag-Unterlagen, Kork- oder Styroporplatten.
  • Demonstrationsmaterial: Alte (auseinandergebaute) mechanische Uhren, Fahrradnabe, Getriebemodelle.
  • Digitale Medien: Tablets für Foto-/Videodokumentation, ggf. einfache Simulationssoftware (z.B. „GearSim“).
  • Differenzierte Arbeitsblätter: Bildkarten, Lückentexte, Protokollvorlagen in drei Niveaustufen.
  • Hilfsmittel: Whiteboard/Tafel, Visualizer, Wort-Bild-Karten, Satzbausteine als Karteikarten.

Hinweis: Diese Unterrichtseinheit verwandelt den theoretischen Anspruch inklusiver Technikmaterialien in einen konkret umsetzbaren Lehr-Lern-Prozess, der alle Schüler:innen auf ihrem individuellen Niveau abholt und fördert.


Entwickelt auf Basis der Materialien von Dr.-Ing. Mustafa Bilgin, M. Ed. – Angepasst an den Kernlehrplan Technik NRW für Gesamtschulen.

Taktile Hilfsmittel für die Holzbearbeitung

Differenzierte Unterstützung für den inklusiven Technikunterricht

Diese Materialien unterstützen alle Schüler:innen bei der Holzbearbeitung, insbesondere solche mit visuellen Einschränkungen oder Schwierigkeiten beim räumlichen Vorstellungsvermögen. Die taktilen Markierungen und Referenzwerkstücke ermöglichen ein „Begreifen“ im wörtlichen Sinne.

1. Taktiles Lineal mit Markierungen

Ein Lineal mit ertastbaren Markierungen für Zentimeter, Halbzentimeter und Millimeter. Besondere Markierungen bei den wichtigsten Maßen (5cm, 10cm, 15cm) helfen bei der Orientierung.

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Herstellungshinweis:

Das Lineal kann aus Holz oder Kunststoff gefertigt werden. Die Markierungen werden mit einer Heißnadel oder einem 3D-Drucker erhaben aufgebracht. Besondere Markierungen (wie der rote Punkt bei 5 cm) können mit unterschiedlichen Formen (Kreis, Dreieck, Quadrat) gestaltet werden.

2. Musterwerkstücke zum Vergleich

1

Winkel-Vergleich

Verschiedene Winkel (90°, 45°, 30°) als physische Muster. Schüler:innen können ihr Werkstück direkt mit den Mustern vergleichen.

2

Oberflächen-Qualität

Muster mit verschiedenen Oberflächen (grob geschliffen, fein geschliffen, poliert) zum Ertasten der gewünschten Endqualität.

3

Verbindungen

Verschiedene Holzverbindungen (Überblattung, Gehrung, Zapfen) als Muster zum Begreifen der Konstruktionsprinzipien.

3. Anwendungstipps für den Unterricht

Barrierefreier Technikraum

Inklusive Raumgestaltung mit taktilen Markierungen und Orientierungshilfen

Ein barrierefreier Technikraum ermöglicht allen Schüler:innen sicheren und selbstständigen Zugang zu Werkzeugen und Maschinen. Taktile Markierungen, kontrastreiche Farben und durchdachte Raumaufteilung sind Schlüsselelemente für eine inklusive Lernumgebung.

1. Grundprinzipien der barrierefreien Raumgestaltung

Bodenindikatoren

Taktile Leitstreifen und Aufmerksamkeitsfelder aus Noppen- und Rippenplatten helfen sehbehinderten Personen bei der Orientierung im Raum.

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Kontrastreiche Gestaltung

Hohe Farbkontraste zwischen Wänden, Böden, Möbeln und Geräten verbessern die visuelle Wahrnehmung für Menschen mit Seheinschränkungen.

🔊

Multisensorische Hinweise

Kombination von visuellen, akustischen und taktilen Signalen für Warnungen und Informationen.

2. Raumplan mit taktilen Wegeleitsystem

Beispielhafte Raumaufteilung mit taktilen Bodenmarkierungen und Sicherheitszonen:

Handwerkzeuge
Messen & Anreißen
Schraubstock
Standbohrmaschine
Drehmaschine
Eingang

Legende:

Taktiler Leitstreifen (Rippenprofil)
Sicherheitszone um Maschinen
Eingangsbereich

3. Taktile Markierungen an Maschinen und Werkzeugen

Standbohrmaschine mit taktilen Markierungen

Wichtige Bedienelemente werden mit taktilen Markierungen versehen:

Ein/Aus
Geschwindigkeit
Tiefenanschlag
Spannfutter
  • Ein-/Ausschalter: Rote, erhabene Markierung mit Rändelrad für leichte Erkennbarkeit
  • Geschwindigkeitsregler: Taktile Punkte für verschiedene Stufen (1 Punkt = langsam, 3 Punkte = schnell)
  • Bohrtiefenbegrenzer: Rillen in 5-mm-Schritten zur taktilen Ablesbarkeit
  • Spannhebel: Vergrößerter Griff mit Noppen für besseren Halt

Differenzierte Bewertung im Technikunterricht

Individuelle Leistungsrückmeldung für inklusive Lerngruppen

Eine differenzierte Bewertung berücksichtigt die individuellen Voraussetzungen aller Schüler:innen und misst den Lernerfolg an der persönlichen Entwicklung. Sie gibt konstruktive Rückmeldung für das weitere Lernen.

1. Grundprinzipien differenzierter Bewertung

📈

Kompetenzorientiert

Bewertung von erworbenen Kompetenzen statt reiner Wissensabfrage. Fokus auf das, was Schüler:innen können.

🎯

Transparent

Klare, vorher bekannte Bewertungskriterien auf verschiedenen Anspruchsniveaus.

🔄

Prozessorientiert

Bewertung des gesamten Arbeitsprozesses, nicht nur des Endergebnisses.

2. Mehrdimensionales Bewertungssystem

Vierstufiges Bewertungssystem mit unterschiedlichen Anspruchsniveaus:

Grundniveau
Wesentliche Grundkompetenzen nach Vorgabe umsetzen
Mittleres Niveau
Gelerntes auf ähnliche Situationen übertragen
Erweitertes Niveau
Eigenständige Lösungen für neue Probleme entwickeln
Expertenniveau
Kreative Innovationen und komplexe Transferleistungen

Konkrete Bewertungskriterien am Beispiel „Zahnradgetriebe“

Kompetenzbereich Grundniveau Mittleres Niveau Erweitertes Niveau
Fachliche Kompetenz
Getriebe aufbauen Einfache Zahnradkombination nach Bauplan zusammenfügen Verschiedene Übersetzungen selbstständig realisieren Komplexe Getriebe mit spezifischen Eigenschaften konstruieren
Funktionsweise erklären Grundprinzip der Kraftübertragung benennen Zusammenhang zwischen Zahnradgröße und Drehzahl beschreiben Berechnungen zu Übersetzungsverhältnissen durchführen
Methodische Kompetenz
Arbeitsprozess dokumentieren Arbeitsschritte mit Unterstützung festhalten Eigenständige Dokumentation mit Fotos/Text Umfassende Prozessdokumentation mit Reflexion
Probleme lösen Einfache Probleme mit Hilfestellung bewältigen Standardprobleme eigenständig identifizieren und lösen Komplexe Probleme analysieren und innovative Lösungen entwickeln
Personale Kompetenz
Selbstständigkeit Arbeitet mit enger Begleitung Arbeitet mit gelegentlichen Rückfragen Plant und realisiert Arbeit komplett eigenständig
Durchhaltevermögen Bleibt mit Motivation bei der Aufgabe Überwindet kleinere Schwierigkeiten Zeigt Ausdauer auch bei komplexen Herausforderungen

3. Differenzierte Feedback-Methoden

4. Konkrete Differenzierungsbeispiele

Angepasste Bewertung für verschiedene Lernvoraussetzungen:

Lernschwierigkeiten (LE)
  • Kleine, überschaubare Teilschritte
  • Konkrete, anschauliche Bewertungskriterien
  • Stärkere Gewichtung von Anstrengung und Prozess
  • Häufige, ermutigende Zwischenrückmeldungen
Sprachförderbedarf (SQ)
  • Bewertungsschwerpunkte auf fachpraktische Leistungen
  • Visuelle Bewertungshilfen und Piktogramme
  • Einfache, klare Formulierungen in Rückmeldungen
  • Mündliche statt schriftlicher Reflexion
Emotionale-soziale Entwicklung (ESE)
  • Klare, vorhersehbare Bewertungssituationen
  • Stärkenorientierte Rückmeldung
  • Bewertung von Teamfähigkeit und Kooperation
  • Individuelle Zielvereinbarungen

5. Praktische Bewertungstools

📊

Kompetenzraster

Visuelle Übersicht über Lernfortschritte

🎯

Lernzielscheiben

Selbsteinschätzung zu erreichten Kompetenzen

📝

Checklisten

Einfache Erfassung von Basis-Kompetenzen

Lerntagebuch

Dokumentation des individuellen Lernwegs

🔄

Portfolio

Sammlung von Leistungsnachweisen

📱

Digitale Tools

Apps für inklusive Leistungsdokumentation

6. Checkliste für faire Bewertung

Transparente Kriterien

Bewertungsmaßstäbe sind vorher bekannt und verständlich

Individuelle Bezugsnorm

Lernfortschritt wird im Vergleich zur eigenen Ausgangslage bewertet

Mehrdimensionale Bewertung

Verschiedene Kompetenzbereiche werden berücksichtigt

Konstruktives Feedback

Rückmeldung zeigt nächste Lernschritte auf

Schüler:innen einbeziehen

Selbsteinschätzung und Reflexion sind Teil des Prozesses

Dokumentation

Bewertung ist nachvollziehbar dokumentiert

Fahrradschlauch flicken

Praktische Unterrichtseinheit für die Fahrradwerkstatt – Inklusiv und differenziert

Diese Unterrichtseinheit vermittelt praktische Alltagskompetenzen rund um die Fahrradreparatur. Die Schüler:innen lernen, einen platten Fahrradreifen selbstständig zu flicken – eine Fähigkeit, die sie ein Leben lang begleiten wird.

1. Bezug zum Kernlehrplan Technik NRW

🔧

Technische Systeme

Analyse und Instandhaltung eines alltäglichen technischen Systems (Fahrrad)

⚙️

Arbeitsprozesse

Planung und Durchführung von Instandsetzungsarbeiten nach Anleitung

🛠️

Werkzeugkompetenz

Sachgerechter Umgang mit Werkzeugen und Materialien

2. Unterrichtsverlauf (90 Minuten)

Einstieg: Der platte Reifen
10 Min

Lehrkraft kommt mit einem Fahrrad mit plattem Reifen in den Raum. Problemstellung: „Wie kommen wir wieder mobil?“ Brainstorming zu Lösungsmöglichkeiten.

Erarbeitung I: Dem Loch auf der Spur
20 Min

Gemeinsame Demonstration: Rad ausbauen, Schlauch entnehmen, Loch finden mit Wanne und Wasser. Schüler:innen arbeiten in Tandems an vorbereiteten Reifen.

Erarbeitung II: Flicken wie ein Profi
30 Min

Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Flicken des Schlauches. Unterschiedliche Flicken-Typen werden ausprobiert. Lehrkraft unterstützt an Stationen.

Sicherung: Alles dicht?
20 Min

Schlauch wieder einbauen und auf Dichtheit prüfen. Reflexion des Arbeitsprozesses. Erfolgserlebnis: Der Reifen hält Luft!

Hausaufgabe

Dokumentiere den Flickvorgang in deinem Portfolio oder erkläre einem Familienmitglied, wie man einen Fahrradschlauch flickt.

3. Materialien und Werkzeuge

Für eine Gruppe von 4 Schüler:innen:

🚲

Fahrrad mit plattem Reifen

oder separate Felgen mit Schläuchen

🔍

Montageheber

3 Stück pro Gruppe

💧

Wasserwanne

zum Locherkennen

🩹

Flickzeug

verschiedene Arten

📏

Reifenheber

Kunststoff und Metall

🎈

Pumpe mit Manometer

verschiedene Ventiltypen

4. Schritt-für-Schritt-Anleitung

1

Rad ausbauen

Fahrrad umdrehen oder aufhängen. Schnellspanner öffnen oder Muttern lösen. Vorsichtig Rad aus der Gabel bzw. Strebe nehmen.

[Bild: Rad ausbauen]
2

Reifen abheben

Luft vollständig ablassen. Mit Montagehebern unter die Reifenwulst fahren und Reifen von der Felge hebeln. Vorsicht: nicht den Schlauch beschädigen!

[Bild: Reifen abheben]
3

Schlauch entnehmen

Schlauch komplett aus dem Reifen ziehen. Ventil aus der Felge lösen.

[Bild: Schlauch entnehmen]
4

Loch finden

Schlauch leicht aufpumpen. Stück für Stück durch Wasser ziehen. Wo Blasen aufsteigen, ist das Loch!

[Bild: Loch finden]
5

Stelle vorbereiten

Bereich um das Loch gründlich anrauen. Mit Benzin oder speziellem Reiniger entfetten.

[Bild: Stelle vorbereiten]
6

Flicken aufkleben

Kleber auftragen, antrocknen lassen. Flicken fest aufdrücken und andrücken.

[Bild: Flicken aufkleben]
7

Wieder einbauen

Schlauch leicht aufpumpen. Ventil durch Felge führen. Schlauch in Reifen legen. Reifen auf Felge ziehen.

[Bild: Wieder einbauen]
8

Aufpumpen und prüfen

Reifen auf den richtigen Druck aufpumpen. Nochmals in Wasser auf Dichtheit prüfen.

[Bild: Aufpumpen und prüfen]

5. Differenzierung und Inklusion

Lernen (LE)
  • Einfache Bild-für-Bild-Anleitung
  • Griffhilfen für Werkzeuge
  • Vorgerauete Flickenstellen
  • Extra große Montageheber
Sprache (SQ)
  • Bildkarten mit Fachbegriffen
  • Sprachliche Satzbausteine
  • Handlungsorientierte Beschreibung
  • Multimediale Anleitungen
Motorik (KM)
  • Vergrößerte Werkzeuggriffe
  • Zweiseitige Montageheber
  • Arbeitsplatz mit Armauflagen
  • Step-by-step in Kleinstschritten
Wahrnehmung (WS)
  • Taktile Markierungen an Werkzeugen
  • Kontrastreiche Arbeitsunterlagen
  • Akustische Signale bei Erfolg
  • Farbige Markierungen an Ventilen

6. Sicherheitshinweise

⚠️
Augenschutz

Beim Hantieren mit Reifenhebern und beim Aufpumpen Schutzbrille tragen

⚠️
Handschuhe

Bei der Reinigung mit Benzin oder Kleber Einweghandschuhe verwenden

⚠️
Werkzeugführung

Reifenheber immer vom Körper weg führen

⚠️
Druck kontrollieren

Beim Aufpumpen Manometer verwenden – nicht über den Maximaldruck

⚠️
Lüftung

Bei Verwendung von Klebern und Reinigern für gute Belüftung sorgen

7. Leistungsbewertung

Kompetenzbereich Basisniveau Erweitertes Niveau
Fachkompetenz Kann mit Unterstützung Schlauch wechseln Kann selbstständig Schlauch flicken und einbauen
Methodenkompetenz Folgt angeleiteter Schritt-für-Schritt-Anleitung Plant Arbeitsprozess selbstständig und systematisch
Werkzeugkompetenz Verwendet Werkzeuge mit Hilfestellung sachgerecht Wählt Werkzeuge situationsangemessen aus
Problemlösekompetenz Erkennt einfache Probleme mit Hinweisen Analysiert und behebt komplexere Störungen

8. Erweiterungsmöglichkeiten

Ventilarten

Vergleich von Auto, Sclaverand und Dunlop

Reifenarten

Drahtreifen, Faltreifen, Tubeless

Pannenschutz

Flüssigdichtung, Pannenschutz-Bänder

Werkstatt einrichten

Planung einer Fahrradwerkstatt